12
Dez 2019
Blick durchs REM: O Tannenbaum, o Tannenbaum …
„Ja ist denn heut schon Weihnachten?“ hieß es vor Jahren in einem bekannten TV-Werbespot… und pünktlich in der vorweihnachtlichen Zeit beschäftigte die Prüfer des Materialtest- und ExpertCenters beim Werkstoff Service eine ungewöhnliche Frage: Inwiefern tragen Tannenbäume aus metallurgischer Sicht zur Festigkeit einer Schweißverbindung bei?
Antwort: Gar nicht, wie sich im Folgenden zeigen wird!

Abb. 2: Detail rechte Hälfte, Schwingstreifen eines Ermüdungsbruches (Pfeil = Bruchverlaufsrichtung)
Hintergrund des Ganzen ist die Schweißnahtuntersuchung eines abgerissenen, äußerst kleinen Schweißpunktes eines Drahtes. Selbst einem fraktografischen Laien dürften die optisch deutlichen Unterschiede zwischen der linken und der rechten Bruchflächenhälfte aus Abb. 1 ins Auge fallen. Während es sich bei der rechten Hälfte um eine Ermüdungsbruchfläche mit den charakteristischen Schwingstreifen handelt – ein im Alltag eines Fraktografen doch eher häufig zu beobachtendes Ereignis – beinhaltete die linke Hälfte eine Überraschung: zahlreiche tannenbaumartig erstarrte Dendriten in den Poren einer Heißrissfläche.

Abb. 3: Detail linke, glatte Hälfte, Vielzahl von Poren mit „weihnachtlichen“ Strukturen im Inneren…
Abb. 4: …welche sich bei höherer Vergrößerung als erstarrungsbedingte, tannenbaumartige Dendriten herausstellen
Nun wieder zur nicht ganz ernst gemeinten Festigkeitsfrage: natürlich trägt ein Heißriss in keinster Weise zur Festigkeit einer Schweißnahtverbindung bei. Im Gegenteil: er stellt einen geometrischen Kerb dar und offensichtlich hat er auf diese Weise die Einleitung des Ermüdungsrisses erheblich begünstigt.

Helmut Schwarz
21 12 2019
Guten Tag, mit großem Interesse verfolge ich die Beiträge auf diesen Seiten.
Hier meine Gedanken/Überlegungen und Fragen zu dem dokumentierten Sachverhalt:
– Dass metallurgische Fehlerformen wie Poren, Heißrisse etc. im Volumen eines Schweißgutes
in aller Regel unerwünscht sind ist unstrittig. In Abhängigkeit ihrer Dimension, ihrer Häufigkeit
und ihrer Lage im Volumen geht ein Gefährdungspotenzial für die meisten mechanischen
Beanspruchungsarten einher. Es gibt ja bekanntermaßen durchaus Fälle in denen Fehlerformen
dieser Art ohne Auswirkung bleiben wenn sie in einem unkritischen Bereich des Schweißgutes
auftreten.
– Zu dem vorliegenden Fall:
Stellt diese Fehlerstelle tatsächlich auch die Bruchausgangsstelle(=Schwingbruchausgang) dar
oder wurde diese Fehlerstelle beim Bruchereignis lediglich durchquert ?
>Da würde ich mir eine genauere Betrachtung des Bruchausbreitungsmusters wünschen.
Da kann man zumeist diese Informationen ablesen.
Ansonsten sende ich die besten weihnachtlichen Grüße mit vielen ungefährlichen
Tannenbäumen und ein erfolgreiche und gesundes Jahr 2020 !
W.S. ExpertCenter
06 01 2020
Guten Tag Herr Schwarz,
erst einmal wünscht die Firma Werkstoff Service Ihnen ein frohes neues Jahr! Und nun zu Ihrer (sehr) berechtigten Nachfrage: Ja, in diesem Fall stellte die Heißrissfläche den Ausgangspunkt da, was anhand der Rückverfolgung der Schwingstreifen möglich war. Daneben besaß der Fehler für die vorliegende Anwendung – welchen wir hier nicht nennen dürfen – sowieso eine mehr als kritische Größendimension.
Viele Grüße
Das W.S. ExpertCenter